Andacht zum Monatsspruch für Januar 2017

Auf dein Wort will ich die Netze auswerfen. Lukas 5,5

Ich versuche mir vorzustellen, einer der Fischer zusein,  die  mit  Petrus  am  Morgen  aus  den  Booten steigen  und  den  Frust  ihres  nächtlichen  Arbeitseinsatzes  verarbeiten.  Ergebnis  der  harten  Tortur:  null  Komma  null!  Zu  wenig  zum  Leben  und zu wenig zum Sterben. Den wertlosen Dreck ausden Netzen herausholen muss ich trotzdem. Argwöhnisch beobachte ich, wie ausgerechnet heute lauter Menschen ans Ufer drängen, um einen Wanderprediger  zu  hören.  Das  wäre  eigentlich die Gelegenheit gewesen, neue Kunden zu gewinnen. Doppeltes Pech! Stattdessen will dieser Jesus auch noch eins unserer Boote zum Predigen zweckentfremden. Davon werde ich heute auch nicht satt.

Etwas verwundert reibeich  mir  die  Augen,  als  er  meinen  Kollegen  Petrus  auffordert,  einen  zweiten Fangversuch  zu  starten  –  am  helllichten  Tag!  Ehrlich  gesagt,  ich  würde  dem was  erzählen:  Mach  du  deinen  Job  und  ich  meinen.  Aber  gut,  wir  haben  ja eh  nichts  zu  verlieren  –  außer  unser  Gesicht.  Ob  Petrus  ahnt,  dass  da  noch was geht? Hat er schon Vertrauen gefasst zu diesem eigenartigen Menschen? Ich  weiß  nicht,  was  in  meinem  Kollegen  vorgeht,  habe  auch  keine  Zeit,  lange zu überlegen, muss ja mit raus, den andern helfen, ziehe nach kurzer Zeithektisch hunderte Fische in die Boote, so dass ich bald Panik bekomme, wirkönnten  sinken,  doch  nein…

Mein  Gesichtsverlust  ist  größer  als  der  Stress, den  ich  mir  während  der  Aktion  gemacht  habe.  Wie  stehe  ich  denn  jetzt  da vor all den gaffenden Leuten am Ufer!? Ich staune, dass Petrus schon die Traute hat, öffentlich vor Jesus niederzufallen, um ihm einzugestehen, dass er ein Sünder sei. Ich dagegen würde mich am liebsten unsichtbar machen und stehe beschämt und wortlos etwas abseits. Dann höre ich verwundert, dass die Geschichte hier noch nicht zu Ende sein soll. Heute geht’s weiter, heißt es, wir werden gebraucht. Was kann Jesus mit Menschen, die weder erfolgreich noch besonders  mutig  sind,  anfangen?  –  Um  das  herauszufinden,  muss  ich  mit; gedankenversunken laufe ich den anderen nach.

Dr. Dirk Sager